Sylvia Townsend Warner
Lolly Willows oder Der liebevolle Jägersmann
Dörlemann Verlag 2020

Als die englische Feministin Sylvia Townsend Warner 1926 ihren Debüt Roman Lolly Willowes herausbringt, wird er ein großer Erfolg. Ihr poetisches und abgründiges, ihr erotisches und auch selbstironisches Plädoyer für all die Frauen, die in ganz England, ganz Europa unbeachtet wie die Brombeeren leben und alt werden, macht Mut, kurz vor dem Verfallsdatum als Brombeere sich rückzubesinnen auf den eigenen süßen Willen. Dieser süße Wille will ein Zimmer für sich allein, oder will, bei Bedarf, auch einfach einmal im Freien schlafen, egal wo, oder mit wem. Laura /Lolly Willowes, die nicht gesellig ist, aber verdächtig intelligent und etwas langnasig, wird nach dem Tod des Vaters unter die Aufsicht der Brüder gestellt. Bald ist Laura nur noch eine „Tante Lolly“. Sie bleibt unverheiratet. Zwanzig Jahre lang lebt sie – im ersten Teil des Romans – unter liebevoll familiärer Kontrolle in London, hat so gut wie keine eigenen Bedürfnisse, aber bleibt eigenartig ruhelos. Der Erste Weltkrieg bricht aus, und der zweite Teil des Romans sowie die Tagträume der Laura Willowes beginnen. Tief im Unterbewusstsein kündigt sich die Begegnung mit der dunklen Seite der Welt, oder den eigenen dunklen Seiten an… Lauras Bruder hat die Hälfte ihres Vermögens verspekuliert, aber kann sie es sich trotzdem leisten, nach Great Mop in den Chilterns und in einer grünen Landschaft weit weg von London zu verschwinden, in z w e i Zimmern für sich allein. Doch folgt ihr der Lieblingsneffe Titus in die neue Freiheit. Laura/Lolly Willowes und auch ihre Erzählerin Sylvia Townsend Warner überlassen sich und damit den Plot ab jetzt eben jenem süßen Willen, der Fantastisches diktiert. Nichts ist ab jetzt ausgeschlossen, auch eine Affäre mit dem Satan nicht. Denn Titus muss weg, und Satan hilft, im dritten Teil des Romans. Erst mischt er sich als böses Kätzchen, dann als Wildhüter, dann als Gärtner und zum Schluss als liebevoller Jägersmann ein.

Übrigens, auf einer Dinnerparty bei Virginia Woolf antwortet Warner – damals war sie dreiunddreißig – auf die Frage der elf Jahre älteren Kollegin, warum sie denn so viel über Hexen wisse: Weil ich selbst eine bin.