Julia Hoße
In meiner Erinnerung war mehr Streichorchester
Graphic Novel Edition Büchergilde 2018

Ja, dieses schöne Buch von Julia Hoße ist eine Graphic Novel oder auch ein Comic, aber könnte zur Herausforderung werden für Leser, die in ihrer persönlichen Rebellion gegen Hochkultur und Buddenbrooks gern Obelix und Dagobert an ihrer Seite wussten. Denn in diesen grafischen Essays, erschienen bei der Edition Büchergilde, passiert etwas anderes als in den billigen Träumen auf Papier, die man sonst so als Comic kennt. Julia Hoße malt, zeichnet, textet und holt Vergangenes hervor, das im Bild wieder aufatmet. In sechs Kapiteln denkt sie laut nach über große Themen wie Legendenbildung in Familien, Verschiebung des Zeitgefühls, und die Frage, wie man wurde, was man ist. Wer hier sich ins Lesen und Schauen vertieft und sich einlässt auf diese so ernste wie anmutige Verführung zur Melancholie, der findet zwischen den Bildern, Bildfolgen und Textbändern die Möglichkeit, in der eigenen Erinnerung herumzublättern. Ja, dieses Buch birgt die Gefahr einer emotionalen Ansteckung in sich. Julia Hoße verarbeitet in ihren sechs Kapiteln persönliche Erlebnisse und die anderer Menschen, die ihr nahestehen. Am Ende schlägt sie sogar einen Bogen bis hin zu Einstein und der Raumzeittheorie. Wer jetzt die Brauen hochzieht, sei beruhigt. Dieser Hochseilakt gelingt. „Nichts geht verloren“ — mit diesem tröstlichen Satz endet die letzte Geschichte, die sich tatsächlich auf das Gebiet der Physik und ins zeichnerische Nachdenken über Raum und Zeit wagt.