Graham Swift
Ein Festtag
dtv 2017

30. März 1924. Dieser Sonntag ist gesegnet mit Juniwetter und nicht nur deswegen ein Festtag. Eigentlich ist er nur ein halber Festtag für Jane Fairchild, zweiundzwanzig Jahre alt, Dienstmädchen von Beechwood, aber des Lesens und Schreibens kundig. An diesem 30. März — für das Waisenkind Jane ein mutterloser Muttertag — geht sie gegen Mittag nackt und allein durch das herrschaftliche Elternhaus ihres Geliebten Paul. Das ist die Stunde, wo ihr Festtag aus seiner Helle in die Hölle kippt. Es scheint aber, als hätte das Dienstmädchen von diesem traurigen Festtag an ein Leben wie ein Fest geführt. Jane Fairchild ist ein Dienstmädchen mit soviel Vorstellungskraft wie Lebenslust. Sie ist eine Person, die sagt: Was nicht geschehen ist, das denke ich mir aus. An dieser Schattenlinie, die sich mit jedem Herzschlag verschieben kann, beginnt ihr Schriftstellersein, bevor sie schreibt. Später wird sie sich im Schreiben des eigenen Lebens bewusst, wird ihr bewusst, wie sie mit dem Schreiben sich dem Stoff des Lebens in die Arme werfen kann. Wie ich die Dinge sehe, sagt Swift, ein Mann von fast siebzig Jahren jetzt, der 1996 den Bookerpreis für seinen Roman Last Orders/Letzte Runde bekam, sind meine Bücher erträumt, das heißt sie kommen aus etwas sehr Dünnem, Unwirklichem. Und dann ist es immer eine große Überraschung für mich, dass so ein Flüstern, Flimmern, Flirren zu so etwas Präzisem, Kompliziertem und wirklich sehr Spezifischem wird, das wir einen Roman nennen.