Dietlind Falk
No Regrets
hanserblau 2023
Irgendwo im Ruhrgebiet, Nähe Recklinghausen gibt ein Tattoo Studio namens NO REGRETS mit den alten Freunden Hänk und Muddy und einem ausgestopften Alligator darin. Das Tier müffelt, die beiden Tätowierer – gefühlt – auch. Sie sind über fünfzig. Der eine hat blaue Augen, der andere einen Bauch, beide sind Auslaufmodelle, die sich vor langer Zeit im Knast kennenlernten, Metal hören und ihre leeren Bierflaschen neben der Kasse sammeln, wenn sie gerade nicht Anker, Rosen Totenköpfe und Fußballwappen stechen. Bevor sie Zukunft an sich ranlassen, stecken sie lieber die Hände in den Toaster, um an etwas anderes zu denken. Eines Tages aber hat der eine alte Cowboy eine Idee, die der andere alte Cowboy gar nicht mag. Sie brauchen was Junges im Laden! No Regrets steht vor der Pleite, als Luz erscheint. Ein schwarzer Engel, den in Zukunft beide Alten – der Zugewandte wie der Misstrauische – Lutz nennen, weil sie sich den Namen Luz aus Chile nicht merken können. Wirklich nicht? Polnische Namen gingen doch auch immer leicht von der Zunge, aber die kannte man schließlich. Vielleicht können und wollen sie Luz – wie Licht – nicht aussprechen, weil der weiche Klang sie in ihrer düsteren Bude mit der eigenen Ruhrgebiets Provinzialität konfrontiert. Die Autorin Dietlind Falk, geboren 1985, wuchs selber im Ruhrgebiet auf. Sie arbeitet als freie Übersetzerin, spielt in einer Punkband und lebt jetzt in Düsseldorf, was an Kilometern nicht weit vom NO REGRETS liegt, aber so gar nicht mehr Ruhrgebiet ist. Der Zungenschlag ihres Ensembles im Tattoo Studio gehört nicht an den Rhein, sondern an die Ruhr. Manchmal sind Falks Figuren schlagfertig, manchmal bedienen sie sich aber auch am Arsenal vorgefertigter Sprüche, die zu den Kneipen und Fußgängerzonen von Recklinghausen bis Duisburg gehören. So wird No Regrets zu einem Roman, der weder plot- oder charakterdriven, sondern eher typendriven ist. Ich hätte ihm ein strengeres Lektorat und ein paar schiefe Bilder weniger und weniger bemühte Schnoddrigkeit gewünscht. Trotzdem: Selbst beim Lesen in Zug und S-Bahn habe ich oft laut lachen und daraufhin den anderen neben mir den Buchtitel hinhalten müssen, damit sie ihn sich merken: NO REGRETS.