Barbara Köhler
Istanbul, zusehends, Gedichte, Lichtbilder
Lilienfeld Verlag 2015
Die Dichterin Barbara Köhler hat als Stipendiatin im Frühjahr 2014 in Istanbul gewohnt, im touristischen Stadtteil Beyoğlu, dessen Einkaufsstrasse in den Taksim-Platz mündet, genau dort, wo 2013 der Protest, nein, der Kampf gegen die Regierung Erdoğan stattfand. Als Barbara Köhler nur wenige Monate später sich ebendort mit Schreibblock und kleiner Digitalkamera durch die Straßen treiben ließ, fand gerade ein aggressiver Kommunalwahlkampf statt, flankiert von täglichen Polizeiaufgeboten mit Maschinengewehren und Wasserwerfern. Barbara Köhler war in jenem Frühjahr zum ersten Mal in einem muslimisch geprägten Land, und Istanbul schien auf den ersten und auch auf die darauf folgenden Blicke eine Zumutung zu sein, der sie etwas entgegenhalten musste. Die Dichterin entschied sich für eine kleine Digitalkamera. So von ihrer „Knipse“ begleitet und beschützt, hat sie sich auf Streifzüge gewagt. Abends hat sie mit vom Sehen wunden Augen vor dem Rechner das geknipste und notierte Material ausgewertet und es auf der eigenen Sprach und Bildachse neu für sich geordnet. Sichtbar wurden die vielen Augen der Großstadt und der eigene Blick. Entstanden ist ein Lyrikband mit 23 gedichtnahen Texten und Fotos. Sprache und Bild streifen die fremde Welt und halten in Momenten größter Scheu bei den tausend Mustern dieser Stadt gern inne, um deren Einzigartigkeit aufzudecken mit der Frische des ersten Blicks.