Ilona Haberkamp
Plötzlich Hipp
Wolke Verlag/Hofheim 2022
Die Leute, die ihre Beerdigung organisieren, erfahren erst nach ihrem Tod, wer diese Nachbarin und Näherin Hipp eigentlich war, denn die Jazzpianistin Hipp ist da längst in Vergessenheit geraten. Geboren 1925 in Leipzig und gestorben 2003 in New York ist ihr Leben ein Stoff, aus dem Filme sind. Hipps Lebensgeschichte ist auch ein Stück Musikgeschichte. Ilona Haberkamp hat sie recherchiert in dem Buch PLÖTZLICH HI(P). In dem PLÖTZLICH steckt ein Schreck, aber auch das Aufscheinen von etwas Schönem. Anfangs spielt Hipp als professionelle Pianistin in Clubs in Deutschland, gründet 1953 eine eigene Band und hat da schon seit 1948 den Sohn Lionel – ein „brown baby“ – von einem afroamerikanischen GI. Das Kind ist in einem Waisenhaus untergebracht und später adoptiert worden. 1954 wird Hipp von dem US Manager und Impressario Leonard Feather entdeckt. Feather setzt Hipp gleich bei ihrer Ankunft 1955 in New York auf Erfolgskurs. Ist ihr Erfolg eigentlich unverdient? Sie ist eine Weiße, Europäerin und dazu auch noch Deutsche und macht sich breit im Milieu der afroamerikanischen Kollegen? Macht sie sich wirklich breit, oder macht sie sich nicht oft auch in einem männlichen Haifischbecken klein? Das Buch von Ilona Haberkamp sammelt eher Informationen als existentielle Fragen über diese schöne Sächsin in Amerika und folgt lieber einem Anspruch auf Vollständigkeit als dem Herzschlag eines eigenen Schreibens. Das ist seriös, aber nicht sehr sexy. Die Wärme beim Lesen muss man selber aufbringen.